Die Adresse in Garmisch-Partenkirchen, Haupstraße 56 ist schon etwas ungewöhnlich, zumindest für einen Wein- und Spezialitätenladen. Das italienische anmutende Hinterhofilieu mit dem unscheinbaren Gebäude mach dann allerdings doch neugierig. Tritt man ein, so erkennt man, daß hier eine Portion an Tiefstapelei im Spiel ist. Die Ausstattung der Räumlichkeiten ist einfach, doch was da ansonsten angehäuft ist, ist schon erstaunlich, zumindest außerhalb Italiens. Eine Menge roher Schinken, Speck, Salami und Mortadella aus den verschiedensten Regionen Italiens. Die Käseauswahl unterscheidet sich deutlich von dem was man landläufig so kennt und man glaubt, daß es das eher nur in Frankreich gäbe. Viele Kuh-, Schafs- und Ziegenkäse aus der Toskana, dem Piemont, Sardinien und Südtirol. Echten Büffelmozzarella aus Kampanien und Höhlenkäse aus der Lombardei. Eine große Auswahl an Gemüse-Antipasti, halbgetrocknete Tomaten aus Apulien, gequetschte Oliven aus Kalabrien. Jede Menge an Teigwaren, Ravioli, Tortellini, Risotto und Saucen. Balsamico vom Handwerker und tatsächlich echte, kaltgepreßte Olivenöle, Illy-Caffè zum Niedrigpreis und, und, und...
Das Wichtigste jedoch ist der Wein. Stapel an Stapel, Wein an Wein aus fast ganz Italien, durchwegs nur von handwerklichen Winzern. Also nicht die üblichen Adressen der weltweit bekannten Versandkellereien. Das Italienische Weindepot gibt es jetzt im Kreisort seit über 25 Jahren, wobei der lokale Zuspruch weiterhin die Geschäftsgrundlage ist. In der Zwischenzeit ist es zu einer deutschlandweit bekannten Adresse und Anlaufstelle für Liebhaber des italienischen Weins geworden. Das ist schon etwas besonderes in dieser schnellen Zeit, denn auch im Werdenfelser Land boomt der Discounthandel wie nie zu vor. Die von Konzernen unabhängigen und von Inhabern geführten Unternehmen werden immer rarer, da Massenkonzepte leicht multiplizierbar sind. Eine ernüchternde Auskunft über das "Kulturgut" Wein in Deutschland gibt die amtliche Statistik. Sie sagt, daß inzwischen 97,3% des in Deutschland verkauften Weines weniger als € 5 p.Fl. kosten.
Das Weindepot bietet durchwegs gute und beste Weinadressen, allerdings keine Snob- und Kultweine. Durch geringen Aufwand und kostengünstigen Direktimport, sind niedrige Kosten vorprogrammiert. Auch aus Kostengründen hat die Weinhandlung nicht rund um die Uhr geöffnet, allerdings sind alle Flaschen immer zur Verkostung offen. Das Geschäftskonzept beinhaltet, daß am Einkauf nicht gespart werden muß und der Preis am Ende gewiss nicht den großen Unterschied ausmacht.
Als ich zum erstenmal das italienische Weindepot aufsuchte, hatte ich ausgiebig Gelegenheit, mich dort umzuschauen. Kein beflissener Verkäufer in frisch gebügeltem weißem Kittel, keine freundlich aufdringliche Stimme, die sich meinen Wünschen erkundigte, die ich, das gebe ich gerne zu, meistens selbst nicht kenne, wenn ich einen Laden betrete, denn ich bin ein aus Prinzip muffiger Käufer. Und so vermißte ich auch keinen jovialen Ladenbesitzer, der mich in seine Allerweltsphilosophie verwickeln wollte, über den Wein im allgemeinen und den italienischen im besonderen. Und es störte mich auch nich, daß es keine Plastikweingirlanden gab, ja, nicht einmal die koketten Auszeichnungsschilder in Rebenform, wie sie in den herkömmlichen Weinläden zu finden sind. Meine Einkaufsmuffigkeit lockerte sich merklich.
Meine schlesische Großtante wäre allerdings entsetzt gewesen, und ihr Sohn, der mit seiner Frau in Neustadt am Rübenberge ein Feinkostgeschäft unterhält, ebenfalls: So wie das Italienische Weindepot darf kein Spezialitätengeschäft aussehen! Da kann man ja gleich in den Keller gehen und sich im Lager umschauen!
Es gab auch keine Geschenkkörbchen in dem Depot, keinen "Wein des Monats", keine neckischen irgendeiner Winzergenossenschaft mit je einer Flasche weiß, rosé und rot. Und zum Glück fehlte auch das sattsam bekannte Sonderangebot zu DM 7,98. Ich hatte so etwas auch nicht erwartet, als ich vor Jahren auf die Adresse des Weindepots stieß und neugierig auf Kuriositätenjagd ging. Eine ausrangierte Tankstelle hatte ich mir vorgestellt, eine vergammelte Hinterhofgarage, ein lieblos improvisiertes Auslieferungslager halt, mit Stapeln von Plastikträgern und Mengenrabatt in Pfennighöhe. Umso angenehmer war ich dann von der Wirklichkeit überrascht. Heute, wo jede drittklassige Backwarenverteilerkette mit teuren Kacheln und indirekter Beleuchtung protzt und halogenbeschienene Waren austellt, ist es wohltuend, daß einige umkehren, "back to the basics", wie es in den USA heißt, zurück zum einfachen, Unentbehrlichen. Ein Regal ist ein Regal, nichts weiter. Kanthölzer, Latten, Bretter, Schrauben, Muttern- kein Designerschnickschnack und kein Edelholzgefasel. Optische Erholung beim Einkauf, Augen und Geist können sich entspannen von den schreienden Farben da draußen, von dem allgegenwärtigen widerlichen Plastikflitter bei Einkaufszentren und Gebrauchtwagenschaus. Im Weindepot dagegen wohltuende Ruhe, gerade ausreichende Beleuchtung; keine Ablenkung sondern Konzentration auf das Wesentliche.
Ich arbeitete damals in Jakarta, und das Italienische Weindepot kam mir gleich irgendwie vertraut vor. Es erinnerte mich an die vielen chinesischen Handelshäuschen auf den indonesischen Inseln. In der Einrichtung ein auf das Notwendigste reduzierter Pragmatismus, aber Waren über Waren, Stapel von Kartons auf jedem freien Plätzchen - ein Angebotenwirwar, für den Besucher nicht sofort überschaubar, aber bei genauerem Hinsehen ein breit gefächertes Sortiment mit verborgenen Köstlichkeiten und attratktiven Preisen. So war das Italienische Weindepot ein Platz, an dem ich mich sofort wohlgefühlt habe, ein bißchen Chaos in der gepflegten touristischen Hochglanzgegend, ein bißchen Ruch der weiten Welt, die gleich hinter den Bergen liegt, und auch eine ferne Errinnerung an die Läden der Kindheit, wo man noch schnuppern und probieren konnte, die Waren noch offen vor einem lagen, statt in einer sterilen Klarsichthülle ihr "Faß mich nicht an-Gebot" zu demonstrieren.
Als sich dann noch herausstellte, daß der Besitzer des Depots nich nur Weine verkaufen wollte, sondern sich auch bei deren Herkunft bestens auskannte, ja, sich sogar ein bißchen als deutscher Vertreter der cultura italia fühlte, da war der Nachmittag gelaufen - wobei Essen und Trinken natürlich im Mittelpunkt standen. Gewürze und Kräuter wurden besprochen, Restaurantadressen in Italien verraten, es gab Kostproben vom Büffet, und die Weinproben wurden mit jedem Karten, den ich auf die Seite stellte, ausführlicher. Nach zwei Stunden überließ ich es dann meiner Frau, den schwer beladenen Kleinwagen durch den Farchanter Stau zu steuern. Sie hatte sich klugerweise rechtzeitig aus dem Männergeschwätz zurückgezogen und ihre Aufmerksamkeit mehr den vielen Teigwaren, Espressosorten und Balsamicofläschchen gewidmet und diverse Käsesorten probiert, lufgetrocknete Salami und Schinken gekauft, Oliven, Amarenakirschen, getrocknete Pilze, zig Sorten von wilden aromatischen Honig... alles etwas unkontrolliert, wie es halt passiert, wenn man im Urlaub auf etwas Überraschendes stößt. Natürlich hätte ich mich auch selbst ans Steuer setzen können (Das glaubt man in solchen Situationen immer...), und zur Not hätte ich auch noch meinen alten afghanischen Führerschein vorzeigen können - ,aber mir war trotz der Weinprobe noch klar, daß derartige Exotica in der bundesdeutschen StVO nicht vorgesehen sind.
Seit diesem Nachmittag ist der Besuch im Italienischen Weindepot zu einer schönen Gewohnheit geworden. Und wenn es aus irgendwelchen Gründen einmal nicht möglich ist, stellt das Schreiben darüber zumindest eine Art Verbindung her, wie jetzt, wo ich Rio de la Plata sitze und vor mir eine Flasche Rotwein aus Mendoza habe, einem schönen Ort am Fuße der argentinischen Anden. Die argentinischen Rotweine gehören sicher zu den besten der Welt, aber das ist in unseren Breitengraden weniger bekannt, dazu fehlt z.B. ein entsprechendes Weindepot. Das aber nur nebenbei. Es soll ja keine Werbung für ein Konkurrenzprodukt getrieben, sondern gezeigt werden, daß der Gerd, so heißt der Besitzer des Italienischen Weindepots, nicht der Schreiber dieser Zeilen ist (was mitunter vermutet wird), denn den Rio de Plata kennt er persönlich ebensowenig wie der sächsische Schriftsteller Karl May, der weder seinen Fuß in die argentinische Pampa gesetzt, noch jemals dem in seinem Romanen verewigtem Hadschi Halef Omar Aga Ben hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah die Hand geschüttelt hat. Dem Gerd zumindest kann man das nicht verübeln, denn er muß in seiner Urlaubszeit ja nach Italien fahren, nach Ligurien, **** und *****. Und dort heißen seine Freunde Paulo,Giovanni und Luigi. Und das ist auch gut so, denn zum Romanschreiben genügen vielleicht Phantasie und viel Zeit (wie sie Karl May im Gefängnis hatte), aber gute und preiswerte Weine zu besorgen, verlangt eine gediegene Fach- und Ortskenntis - und Phantasie obendrein.
Diesem Mann ist etwas gelungen, was in Garmisch-Partenkirchen - bei Einheimischen und Gästen gleichermaßen - auch nach fünf Jahren noch ungläubiges Staunen hervorruft. Er importiert und verkauft italienischen Wein und italienische Lebenskunst in einem Ambiente, das zu Italien genauso paßt wie die berühmte Faust auf's Auge. Doch der Mann hat Erfolg, in seinem Hinterhof-Lager mit dem eigenwillig italienischen "Barackencharme". Er heißt Gerhard Strunz, und gäbe - wäre er nicht ein gestandener Franke - auch einen perfekten Italiano ab. Seit 1978 verkauft der Signore Köstlichkeiten aus Bella Italia - neben Käse, Schinken, Pasta, Olivenöl usw. jedoch in der Hauptsache Wein. In seinem "Italienischen Wein-Depot" - an der Hauptstraße 56, in Garmisch-Partenkirchen - lagern stets einige zigtausend Flaschen. Alle ausgewählt, getreu der Devise: Nur vom Besten, nie vom Teuersten. GAP-Journal sprach mit dem "Padrone" über sein Konzept, philosophierte mit dem Italo-Freak über Italophiles und entdeckte - ganz nebenbei - noch einiges aus des Maestros Keller.
GAP-Journal: Mit welchem Erfolg vertreiben Sie italienische Weine und Lebensmittel-Spezialitäten?
Gerardo: Mit recht gutem, denn ich hatte von Anfang an das Glück, daß es hier in Garmisch-Partenkirchen und Umgebung ein sehr Italien-erfahrerens Publikum gibt; sie sind meine Geschäftsgrundlage.
GAP-Journal: Gehört diese Hinterhof-Romantik hier nun zum Image oder ist das ganze eine organisatorische Notlösung?
Gerardo: Keineswegs. Ich habe dieses Milieu von Anfang an angestrebt, für ungewöhnliche Produkte eine ungewöhnliche Umgebung.
GAP-Journal: Betrachtet man Ihr Weinangebot, so stellt man fest daß sogenannte große Namen fehlen!
Gerardo: Meine Strategie ist ganz einfach. Ich will keinen Wein verkaufen, der zwar toll schmeckt aber alleine durch den Namen eines Produzenten in eine Preisklasse aufrückt, für die manchmal sogar ein kleiner Lottogewinn nicht mehr ausreichen würde. So spüre ich meine Weine und Spezialitäten selbst auf und kann daher ein erfolgreiches Sortiment ohne "Nobel"-und "Kult"-Marken anbieten.
GAP-Journal: Was sind das für Leute die sich in Ihren Hinterhof wagen?
Gerardo: In erster Linie kommt der Kunde, der eine Vorliebe für Italien und italienische Produkte hat. Es sind Leute, die bereit sind, ohne Konventionen ein Produkt zu probieren und dieses für gut zu befinden. Nicht Kennerschaft, sondern Kritikfähigkeit, bereit zum eigenen Urteil und etwas Zeit, das sollte der Kunde einbringen.
GAP-Journal: Fühlen sich nicht manche Kunden durch das leicht chaotische Umfeld, sprich kaum Parkplätze und im Depot mehr Kartons als Verkaufsfläche, irritiert?
Gerardo: Ich könnte mir kein passenderes Umfeld vorstellen. Und meine Kunden lieben es sogar wenn die Bude voll ist und alles drunter und drüber geht. A propos Parkplatz: Das ist in der Tat ein Problem, denn die drei Stellplätze sind ausschließlich für Weinkunden vorbehalten. Zum Einladen der Kartons. Wer also zum Beispiel ein Paket Spaghetti kaufen möchte, der muß schon einen Fußmarsch von 150 Meter in Kauf nehmen. Für manche Leute - man möchte es kaum glauben - ein unüberwindliches Problem!?
GAP-Journal: Trotz aller Begeisterung der Kunden für Ihre Arbeit, stehen Sie ständig unter dem Leistungsdruck neue, sogenannte Geheimtips, aufzuspüren. Wie gelingt es Ihnen trotzdem immer wieder?
Gerardo: Zu einem durch Freunde und Kunden, die im Urlaub unbekannte Sachen entdecken. Dann aber durch meine häufigen Reisen nach Italien. Sechs Wochen pro Jahr bin ich vor Ort, besuche die Erzeuger, probiere die neuen Jahrgänge und entdecke dabei natürlich manchmal auch einen Geheimtip.
Es gibt kaum ein anderes Land auf dem großen Wein-Atlas, das in so grundverschiedenen Landschaften so viele großartige Weine hervorbringt. Die Chancen sind also besonders gross, daß auch Ihr persönlicher Lieblingswein unter den Roten oder Weissen aus Italien ist. Bei uns im italienischen Weindepot treffen Sie auf ausgesucht prächtige Weine, deren Qualität sich nicht nur in schönen Namen und Designer-Etiketten erschöpft. Und Sie finden Weine, von denen unter Umständen pro Jahrgang mit unter nur 500 - 5.000 Liter verfügbar sind. Immer jedoch finden Sie Weine, die in echter »Handarbeit« gemacht wurden. Von Weinbauern, die absolut der Qualität verpflichtet sind - die also naturnah arbeiten, nur die boden- und qualitätsverträglichen Mengen anbauen und daraus dann sehr behutsam und ohne jegliche Hast die wirklich schönen Weine reifen lassen. Wenn diese Art von »Produktion« Ihren Ansprüchen an ein hochwertiges Grundnahrungsmittel entspricht, sind Sie sind bei uns willkommen. Wein ist in der Tat ein Lebens-Mittel, und wir geben uns viel Mühe Ihnen möglichst guten Wein zu moderaten Preisen anzubieten.
Auch andere zu Recht so berühmte italienische Lebensmittel führen wir, und auch hier haben wir natürlich nach der besten Qualität gesucht: Parma-Schinken, San Daniele und San Leo, die diversen Salame etc. Sehr feine Käsesorten aus der Milch von Kühen, Ziegen, Schafen und Büffeln. Aceto balsamico nur vom Handwerker und in verschiedenen Klassifikationen. Olio di oliva extra vergine, natürlich vom Bauern und was das Etikett verspricht, das hält der Inhalt. Riesengläser voller leckerer Antipasti. Unzählige Nudeln aus Grano Duro-Weizen, dazu Sugo & Pesto. Süssigkeiten und Leckerbissen vom Mandelgebäck und Pan forte bis zu den gebackenen Feigen. Dazu die besten Spumante, Grappe, alle Bitters und Aperitifi.
Kommen Sie vorbei, probieren Sie, was Sie möchten und überzeugen Sie sich selbst. Wir kümmern uns um einiges, das über das blosse Einkaufen und Verkaufen weit hinausgeht, z.B. um die Qualitätskontrolle beim Hersteller vor Ort, auch im abgelegensten Bergdorf Kalabriens. Und wir tragen auch dazu bei, daß die Produkte immer besser werden. Wir legen Wert darauf, Ihnen ausschließlich solche Produkte zu präsentieren, deren Erzeuger und ihre jeweilige Produktionsmethode wir persönlich kennen und schätzen. Und auch Sie sollten bei uns zuerst einmal persönlich probieren, was Ihnen schmeckt, ein Gläschen kosten, bevor Sie kaufen.
Unser Prinzip ist simpel: So oft wie möglich nach Italien fahren. Vor Ort die in vielen Jahren gewachsenen Verbindungen pflegen, Neues kennenlernen. Nur auf diese Weise können wir ein so faires Leistungs-/Preis-Verhältnis bieten, daß aus Kunden Freunde werden. Und weil man vor Freunden nicht allzuviele Geheimnisse hat, geben wir unsere eigenen gerne Preis: Zum Beispiel, warum Sie einen guten Rosso di Montalcino einem XYZ-Brunello immer vorziehen sollten. Oder wenn Sie von den letzten großen Jahrgängen von Barolo oder Brunello nichts bekommen haben - auf welche wirklichen Alternativen Sie bei uns zurückgreifen können. Fragen Sie doch einfach danach, wir sprechen gerne mit Ihnen.
Ganz klein geschrieben werden im »Italienischen Weindepot« : 1A-Lage, stilsicher dekorierte Schaufenster, ein hypertolles Rustikal-Ambiente mit Halogenstrahlerchen, Schnäppchenpreise und Sonderangebote.
SEHR GROSS geschrieben dagegen wird bei uns der mündige Kunde, Qualität und Preise, Beratung und Service. Was wir zu zweit (mehr Personal gibt es nämlich nicht) für Sie tun können, tun wir. Schwere Kistl zum Auto tragen gehört dazu.
Meine Zielsetzung: "Die ganzheitliche und verantwortliche Beschäftigung mit Wein"". Aussergewöhnliche Weine von aussergewöhnlichen Winzern, das versprechen wir Ihnen. Wobei wir unsere Befähigung nicht aus Zeitschriften, Büchern und den Weinführern beziehen.
Das Entdecken und Aufbauen von jungen Winzern, das war uns in den vergangenen 30 Jahren die liebste Anstrengung. Es gibt eine große Anzahl von guten, talentierten, jungen und jung gebliebenen Nachwuchs-Winzern in Italien. Einige wenige Winzer sind zu einer intensiven, tiefgehenden Auseinandersetzung und Zusammenarbeit bereit.
Partnerschaft, das ist eine langwierige und häufig auch eine sehr anstrengende Sache. Die Beteiligten sind sehr gefordert, der Winzer bei seiner Arbeit im Weinberg und im Keller, der Importeur als intensiver Vermittler, Berater und als Verkäufer. Partner müssen in vielerlei Hinsicht belastbar und tolerant sein. Mit einigen der jungen Talente arbeiten wir nun schon seit 10-20 Jahren intensiv und gedeihlich zusammen.
Weine von hoher Qualität können nur über schonende Weinbergsarbeit gedeihen, die mit moderaten, also niedrigen Hektarerträgen in den Weingärten einher gehen. Der Verzicht auf Menge bedeutet mehr Arbeit im Weinberg, bei der Ernte, im Keller und im Verkauf, weil die Weine verbindlicher, also weniger oberflächlich werden. Klar, gute Qualitäten werden nur bei günstigem Witterungsverlauf realisiert, doch macht schönes Wetter alleine noch keinen guten Wein. Das Wetter während der Erntezeit war schon immer qualitätsentscheidend. Faules und feuchtes Lesegut, das ergibt keinen guten Wein, selbst wenn der Sommer noch so schön war.
Früher konnte ein geübter Weinkenner, wenn er einigermaßen gut war, problemlos einen Brunello von einer Chianti Classico Riserva unterscheiden, und dass ein Wein aus dem Piemont anders schmeckte als einer aus der Toskana, das verstand sich von selbst. Heute schmeckt man nur noch die "Handschrift" des beratenden Önologen heraus - oder im Bestfall - den Markennamen der Wein-Konzentrations-Maschine.
Die geographischen, klimatischen und auch die önologischen Eigenheiten des lokalen Standortes haben große Bedeutung. Die persönlichen und handwerklichen Fähigkeiten des Winzers im Weinberg und Keller fließen ein, gemäß dem was die Witterung einer Vegetationsperiode gestattet. Uns geht es um authentische und unverwechselbare Weine, die weder ihre Region noch ihren Erzeuger verleugnen. Es sind garantiert keine Mainstreamweine, sondern Originale mit markanter Charakteristik, beruhend auf hochmotivierter und qualifizierter Winzerarbeit.
In einer Gesellschaft, in der sich fast alles um Geschwindigkeit dreht, werden immer mehr Weine durch immer mehr getränketechnologische Eingriffe auf schnelle "Time is Money-Trinkreife" getrimmt. Beim Vertrieb solcher uniformen Weine, die enorm viel Erfolg haben und viel Beifall finden, lassen wir anderen gerne den Vortritt.
Die Globalisierung, Agrarkonzerne und der Zeitgeist zwingen nicht nur weltweit kleine Bauern in die Knie, sondern auch europäische Winzer, deshalb ist fairer Handel auch eine Frage des guten Geschmacks. Das Anliegen um Qualität und Geschmack beinhaltet zwingend auch menschenwürdige und ökologisch verträgliche Produktionsbedingungen zu fördern und den Winzern eine würdige Entlohnung zu geben.
Bei allem Bemühen um Qualität und Typizität besteht der ernsthafte Wille, die so erzeugten Weine in ordentlichen Mengen einzukaufen und auch zu verkaufen. Dies zu vernünftigen und angemessenen Preisen, wobei der Preis am Ende bestimmt nicht den großen Unterschied ausmachen wird.
Weinführer-Marketing. Kennen Sie das? Den Run auf bestimmte in Weinführern als gut erachtete Weine. Jeder will sie haben und dann gibt es sie doch nicht zu kaufen. Drei-Gläser- und 99 Punkte Weine für Alle! Diese Art Wein zu kaufen und zu verkaufen wird unserer Zielsetzung nicht gerecht. Das verursacht enormen Frust und Kosten, gefolgt von einer Fehlsteuerung des Weinmarktes, der Weinhändler wird zum Dealer, er folgt primär nicht dem Kunden, sondern den Verlagen der Weinguides.
30 Jahre Nischenarbeit. Das bedeutet, dass wir uns konsequent von den meisten der bekannten und vor allem von den übermäßig etablierten Weingütern verabschiedet haben, weil wir Weine mit Elan brauchen. Weine die Sie überall finden und die jeder kennt, weltweit gesucht, die sind nichts für uns. Das hat nichts mit Arroganz zu tun, es ist die logische Konsequenz aus einer kontinuierlichen Fehl-Entwicklung im Weingeschäft, die noch krasser werden wird.
Es gibt in Garmisch-Partenkirchen eine Wein- und Feinkosthandlung, die man sich unbedingt einmal anschauen sollte, selbst dann, wenn man nicht gleich um die Ecke wohnt und von weit her anreisen muß. Der Inhaber ist eine interessante Person. Er ist zwar schon seit Jahrzehnten im Geschäft, hat aber trotzdem nicht im mindesten die Neugierde und Freude an der Arbeit verloren. Im Gegenteil, es ist sein Bestreben immer bestens informiert zu sein, dabei ist er stets auf der Suche nach neuen Ideen und Geschmäckern: Gerardo heißt der Mann. Er betreibt mit großem Einsatz und Idealismus und das nicht nur in rein geschäftlicher Hinsicht ein etwas verzwickt, verstecktes Ladengeschäft mit Adresse Hauptstraße 56.
'Das italienische Weindepot', das nicht einmal alle Garmisch-Partenkirchner kennen. Es besteht aus zwei deutlich abgegrenzten und doch irgendwie stimmig zusammen gehörenden Abteilungen. Wobei der Name Weindepot gewiss nicht die Bezeichnung ist, die dieser Geschäftsidee gerecht wird. Es ist für Insider bereits eine Art 'Institution'. Dies ist ein Laden der erlesenen Geschmäcker, mit einer großen Auswahl an überwiegend handwerklichen Produkten aus Italien und das auf einem beachtlichen Qualitätsniveau mit Anspruch - man findet garantiert keine Supermarktware. Kaum betritt man die Räumlichkeiten, so verirrt man sich förmlich in einem Sortiment italienischer Köstlichkeiten im weitesten Sinne des Wortes. Das riesige Angebot reicht von feinem Gebäck über süße Feigensalami zu allerhand erlesenen Torroni, von ungezählten Marmeladen zu verschiedensten Sorten Honig, wobei Erzeugnisse aus unbekannten Provinzen Italiens bevorzugt angeboten werden. Dass man aus dem Laden herauskommt, ohne etwas gekauft zu haben, ist mehr als unwahrscheinlich. Denn selbst wer mit Süßem vielleicht so viel nicht am Hute hat, wird sich dem Reiz der feilgeboten Ware aus dem würzigen Segment kaum entziehen können. Es gibt da ungezählte Sorten ausgesuchten Thunfischs oder Sardellen, es gibt eine exzellente Auswahl an italienischem Frisch- und Hartkäse, Teigwaren, Sughi, Reis, Caffè. Man steht staunend vor einer Auswahl exquisiter Saucen und Würzmittelzubereitungen, verliert sich irgendwann in einem anderen Bereich - Regale voll mit ausgesuchten Olivenölen und Essigen in erlesener Qualität. Eine Versuchung wert sind auch die zahlreich angebotenen Grappe, Bitter und Liköre handwerklicher Machart, und, und, und. Doch lassen Sie uns einen Schritt weitergehen, in den anderen Teil der Räumlichkeiten, die übrigens über 100 Jahre alt sind! Zunächst bleiben wir staunend an einer Ausstellung stehen, in der verschiedenste Weine aus allen möglichen Regionen und Rebsorten Italiens ausgestellt sind, um uns dann in den eigentlichen Bereich Wein aufzumachen. Beeindruckend ist das Sortiment der Weine aus autochthonen Rebsorten, also Weine die aus eingeborenen und nicht aus Allerweltssorten gemacht sind ... nicht minder beeindruckend jedoch auch der Aufbau der Weine in langen Stapeln, wobei Prosecco und Schaumweine - alle kommen von Winzern - keineswegs zu kurz kommen.
Wer sich in Hinsicht auf Wein sozusagen weiterbilden möchte, sollte die Möglichkeit zur Verkostung wahrnehmen, die immer im Weindepot angeboten wird. Das Weindepot hat zwar nicht immer offen, aber an die 100 Weine sind immer geöffnet. Montag bis Donnerstag (inkl.) öffnet man übrigens gegen Mittag, am Freitag und Samstag ab 9 Uhr früh. Samstag Nachmittag ist das Weindepot regulär so lange geöffnet, bis Schluss ist. Mit Rat und Tat steht man Ihnen in Sachen Wein zur Seite, Sie sollten allerdings offen sein für Neues und nicht fixiert auf die Klischees der Mode- und Kultweine oder die bekannten Namen, denn die sucht man vergeblich. So ganz nebenbei fließen Anmerkungen für Anfänger, Fortgeschrittene und Kenner zum Thema Wein ein, in denen die Kenntnisse über Theorie und Praxis im Weinbau vertieft werden können - dabei wird garantiert nicht doziert - das geht immer ohne Voranmeldung und ohne Einschreibung.
All das ist schon mehr als ein guter Grund, sich einmal im Weindepot im Hinterhof der Hauptstraße 56 umzuschauen. Doch der Unterschied zu anderen Geschäften ist: eben der Inhaber Gerardo, wobei seine Frau die Eva und Sohn Tobias durchaus tragende Rollen im Geschehen haben. Der Gerardo, ein Mann, der einer anderen Zeit zu entstammen scheint, hat diesen besonderen Blick, in dem man erahnen kann, wie viel Energie und Wille in ihm steckt, jene Trink- und Weinkultur und die Kultur der feinen Tafel weiter und weiter zu verbreiten. Gerardo weiß sehr wohl, dass es nicht genug ist, lediglich etwas Kontakt zu den Winzern zu halten und das übliche Bla Bla abzulassen, das in Dreitageskursen für künftige Weinhändler gelehrt wird. Über die könnte jeder Kunde selbständig für sich und mehr als reichlich in allerhand Weinführern lesen. Würde Gerardo und sein Team nichts darüber hinaus bieten, wäre sein Laden eine Weinhandlung, wie so viele andere auch, also ein Geschäft ohne besondere Initiative, ohne irgend ein gesteigertes Interesse. Und genau hier liegt der Unterschied im Versuch, neue Wege zu beschreiten - in erster Linie neuen Ansätzen im Denken und Handeln nachzugehen, vorgetragen von Leuten, die etwas mitteilen wollen, was nicht unbedingt vorhersehbar und doch in irgendeiner Gegend fest verwurzelt ist. Es ist vor allem dieser feste Wille, all denjenigen Winzern viel Raum zu gewähren, die Wein mit Hingabe machen und die eben nicht diese großen Unternehmen, mit von Architekten durchgestylten Kellereien hinter sich wissen, welche allenthalben lautstark auf sich aufmerksam machen.
Nein, Gerardo geht es um anderes für ihn ist entscheidend, dass man in Flasche und Glas das wiedererkennt, was einen Wein wirklich ausmacht, nämlich die Rebe, die auf einem ganz bestimmten Boden gewachsen ist und so das gesamte uralte Erbgut ihres Terroirs in sich vereint.
Das italienische Weindepot liegt im Hinterhof der Hauptstrasse 56 in Garmisch-Partenkirchen. Es befindet sich in einem historischem Gebäude: Einer Remise aus dem Jahr 1900. Dieses knapp 120 Quadratmeter grosse Depot war das ehemalige Wein- und Lebensmittel Lager des nebenliegenden Hotels Alpenblick.
Der Verbraucher hat heute die Wahl zwischen "zig" Einkaufsquellen: Baumärkte, Blumenläden, Tankstellen, Drogerien- und Internetshops. Niemand verdurstet, wenn er seinen Weinbedarf nicht beim Fachhändler deckt. Deshalb stellt sich den Spezialisten die grundsätzliche Frage: Warum sollten die Konsumenten ausgerechnet bei ihm Wein kaufen? Offenbar haben weite Teile der Spezialisten keine Antworten darauf. Die Discounter antworten zumindest mit niedrigsten Preisen und der Weinfachhandel 'antwortet' mit einer sinkenden Zahl seiner Geschäfte.
Die Nische des Weinfachhandels war 2001 ein Marktanteil von 5,2% und 2004 von 3,7%: Ein großer deutscher Discounter hatte 2001 19,8% und 2004 24,1% des deutschen Weinumsatzes, das sind täglich mehr als 1,3 Millionen Flaschen Wein zwischen Flensburg und Garmisch. Alle deutschen Discounter hatten 2001 einen Marktanteil von 39% und ihn in 2004 auf 48,7% weiter ausgebaut. Der Durschnittspreis pro Flasche ist dabei immer weiter abgerutscht. Von 2,20 € in 2002 auf 2,15 € in 2003 und auf 2,10 € in 2004. Die Weinpreise in 2005 sind weiter sinkend. [Quelle: Untersuchung des Deutschen Weininstituts in Mainz und GfK Consumer Tracking].
Was haben die Spezialisten so im Angebot? Die Sortimente der meisten Fachhändler spiegeln die Listen und Ordersätze der internationalen Weinagenturen wider, inklusive deren Kommentare. Zwischen Flensburg und Garmisch, und nicht nur da, finden Sie immer wieder die gleichen Abfüller & Erzeuger in den Regalen. Vor allem Produzenten, die in der Lage sind, den Weltmarkt engmaschig mit ihren Produkten und Vertriebsstrukturen abzudecken. Zudem, als Verbraucher können Sie nicht wissen, ob sich ein Händler diese Weine tatsächlich selbst erschlossen hat, oder ihnen gar eine "Entdeckung" aus dem Großhandels-Abholmarkt präsentiert.
Hat sich der Fachhandel ins Aus manövriert? Sicherlich haben sich viele Spezialisten in den fetten Jahren bequem eingerichtet, das verlassen der eingetrampelten Pfaden fällt schwer und eine eigenständige Geschäftsstrategie ist häufig nicht erkennbar. Viele Händler sind auf der Suche nach neuen Pfründen. Land für Land und Kontinent für Kontinent werden 'entdeckt', ohne jemals die Produktionsstätten gesehen zu haben.
Der Direktbezug an Wein vom Winzer hatte in 2000 noch einen 19,8% Marktanteil, dieser ist auf 12,2% in 2004 geschrumpft. Diese Zahlen spiegeln die zunehmende Anonymisierung des Kulturgutes Wein wider. Die angeführten Zahlen, also der Verlust an Marktanteilen für Fachhändler und der Rückgang des Direktverkaufs bei den Winzern, müssen jedoch vor dem Hintergrund des Massengeschäftes Wein betrachtet werden. Sollte der Trend zum Billigwein anhalten, so decken die deutschen Verbraucher bald zwei Drittel ihres Bedarfes mit Weinen, die weniger als 2 Euro pro Flasche kosten; bei den Weissweinen ist dies schon der Fall.
Vor dem Hintergrund der ungünstigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die konjunkturelle Schieflage, die Stimmungslage in der Bevölkerung muß sich auch der Weinhandel gefallen lassen, daß ihn der Verbraucher überprüft. Diese Prüfung hat durchaus ihre guten Seiten, da 'untaugliche Unternehmen' vom Markt verschwinden. Allerdings gibt es auch Anzeichen dafür, daß die ganze Entwicklung aus dem Ruder läuft. Gutes muß nicht teuer sein, sicherlich, doch gibt es Grenzen der Optimierung, und ist häufig die Optimierung nicht einfach eine Minimierung? Im Lebensmittelbereich müssen wir heute damit leben, daß tradierte Begriffe, Werte und Inhalte zunehmend ausgehölt werden und zur Farce verkommen, im Interesse des Geschäftes. Viele Produktionsrichtlinien sind zur reinen Makulatur verkommen, egal auf welchem Papier diese stehen, die Mächte des Märktes sind [fast] immer stärker und wehe dem, der sich in den Weg stellt.
Viele negative Eigenschaften führen zum Kaufkraftverlust des Endverbrauchers: Dazu zählt auch die mangelnde Kenntnis des Verbrauchers über Produkte und Anbieter. Die Vorentscheidung für den Kauf eines Produktes übernimmt nicht der Verbraucher sondern oftmal der Handel. Die Discounter werden ihrer Verantwortung dadurch gerecht, daß sie den Verkauf zum [scheinbar] niedrigsten Preis organisieren, was deren Verantwortung wieder relativiert.
Der Nische wird man nur gerecht, indem man sich nicht den Bequemlichkeiten des Marktes hingibt, also nicht mit vorgefertigten und multiplizierbaren Konzepten arbeitet, z.B. denen des System-Wein-Handels. Eine kompetente und individuelle Beratung, die breite bzw. tiefe Auswahl an authentischen Weinen mit überzeugenden Preis-Genuss-Verhältnis in verschiedene Preiskategorien sowie ein ökologischer, ethischer und auch sinnlicher Mehrwert.
Marktmachende Weintester? Wissen und Kompetenz kann man nicht einfach kaufen, auch nicht von Weinführern. Die Informationsquelle der Weinführer kann beim Endverbraucher noch akzeptiert werden, er weiß es nicht besser. Die Weinhändler allerdings geraten dadurch in eine Falle, sie laufen nicht nur den Informationen und den Weinen hinterher, sie werden in eine Abhängigkeit von äußeren Strukturen getrieben. Schon zuviele Weinhändler eigneten sich fremdes Wissen aus Führern, Zeitschriften, Journalen und Büchern an und gaben diese als eigene Arbeitsleistung aus.
Ich gebe es zu, ich fühle mich wohl im globalen Leben, ich bin gern in der Welt zu Hause, überall und nirgends. Das italienische Weindepot ist in diesem Zusammenhang nur ein Ort von vielen, schließlich gibt es nicht nur italienische Weine zu genießen.
Aber inzwischen kann man gar nicht mehr so schnell trinken wie neue Sorten entstehen. Australische Weine überfluten ganz Südostasien, China arbeitet ständig an der Qualität seiner Weine, man braucht sich dort nicht mehr nur mit Great Wall und Dynasty zufrieden zu geben und kann auch endlich auf die importierte Blaue Nonne verzichten. Brasilien will den Weinanbau in Südamerika nicht länger seinen Nachbarn Argentinien und Chile überlassen, auf den Kanarischen Inseln kann man inzwischen ganz passablen einheimischen Wein bekommen, und selbst England versucht sich mit dem Anbau einiger Weißweinsorten vielleicht wird die künftige Klimaänderung dabei behilflich sein. Und in Südfrankreich in der Langue doc hat sich ein riesengroßer kalifornischer Weinproduzent zum Sturm auf die europäischen Märkte in Stellung gebracht, die gallonengroßen Flaschen warten schon. Die europäischen Weinländer werden es bei der wachsenden internationalen Konkurrenz nicht leicht haben.
Wahrscheinlich wird von der Lebensmittelchemie auch schon das nächste Produkt im globalen Gewinnspiel ausgeheckt, ein aus allen Weinsorten zusammen gepanschtes alkoholfreies Gesöff mit einigen geheimen Zusatzstoffen, ohne Verfallsdatum und weltweit vermarktbar, bei einem Mormonenkongress in Utah/USA genauso wie bei einer Talibanhochzeit am Hindukusch. Warum auch nicht? Schließlich bietet auch jedes bessere Restaurant im Iran alkoholfreies Bier an, wahlweise mit Zitronen- oder Apfelgeschmack. Inzwischen kann man sich ja schon einmal auf den Flaschenregalen unserer großen Supermarktketten umsehen, wo die abenteuerlichsten Weinmischungen aus Nordafrika und Südeuropa angeboten werden. Bei aller Neugier, der vertraute traditionelle Inhalt der Kartons im Italienischen Weindepot ist mir da lieber.
Auch auf dem Speisesektor hat sich vieles geändert. Vor vierzig Jahren wusste in Neustadt am Rübenberg niemand, was Farfalle oder Orecchiette sind, heute gibt es in jeder deutschen Kleinstadt mehrere italienische Restaurants und im Weindepot sind ständig über fünf Dutzend italienische Nudelsorten zu haben. Es wird offensichtlich viel gekocht in den deutschen Gauen, zumindest im Fernsehen. Kein Kanal, der nicht seine Kochsendung hat, ob nun mit einem abgehalfterten TVModerator, einer in die Jahre gekommenen Schauspielerin oder einem bekifften Provinzprotz. Und da der moderne Mensch nichts mehr zu sagen hat, wird stattdessen unheimlich viel übers Essen geredet. Zwar kann sich niemand die inszenierten Rezepte behalten, aber dafür wurden die www Adressen eingerichtet, Kochkünste und Internetkenntnisse gehören einfach zusammen! Und im Bayerischen Wald verlangt die Oma jetzt ihre Semmelnknödeln zum Sonntagsbraten al dente.
Im wirklichen Leben sieht es anders aus, da wird immer weniger gekocht. Selbst der Morgenkaffee wird inzwischen beim Warten auf den Frühbus aus Pappbechern geschlürft und jeder Zeitungskiosk bietet Schokoladencroissants an, auf Wunsch mit gekochtem Parmaschinken belegt. Die Burgerbuden haben Konkurrenz bekommen, die Standardisierung greift weiter um sich. Ein Koch in einer neuen Abfütterungskette, der für Pasta salsiccia calabrese zuständig ist, schafft nach einem Zeitschriftenbericht bis zu 150 Portionen am Tag. Die Nudeln stellt ein Kollege ständig frisch her, so dass sie in 90 Sekunden al dente sind. Bedienung gibt es natürlich nicht, was sich der Konsument zusammensucht, wird auf einer Chipkarte registriert und am Ausgang bezahlt. Keine Chance also für individuelle Esskultur. Ein großstädtischer Besucher, so eine Studie, bleibt kaum länger als eine halbe Stunde beim Mittagessen und zahlt im Schnitt zehn Euro. Die Restaurantplätze können jeden Tag bis zu zehnmal neu besetzt werden. Ein Pizzabäcker kann damit nicht konkurrieren, umso wichtiger ist daher seine traditionelle Arbeit.
Fleisch von Schlangen, Krokodilen und unbekannten Beuteltieren sind nichts wirklich Besonderes mehr, in einem New Yorker Hotel der Spitzenklasse werden inzwischen EkelMenüs serviert, extreme food wie Larven, panierte Motten und knackige Grillen alles sehr proteinreich und garantiert cholesterinfrei. Unsere Gesellschaft lechzt ständig nach Neuem, auf der Suche nach unbekanntem Ungeziefer und fremdartigen Gewürzmischungen streifen langnasige Geschmackstester durch Straßenrestaurants und Bazare in Fernost. Im Weindepot sucht man deren Beute vergeblich, kein Nudelteig ist mit klein gehackten Ameisen oder Spinnen durchsetzt.
Natürlich wollen unsere Supermarktketten ständig von neuen Trends profitieren. Exotische Früchte sind im Angebot, heimische Produkte werden mit dem Hinweis auf die Biowelle ausgestellt und auf den Regalen steht italienisches Öl extra vergine, das von einem Testinstitut ausgezeichnet wurde, bis sich dann herausstellte, dass die entsprechenden Aufkleber auch auf Flaschen mit weniger gutem Inhalt passen. Irgendwo müssen ja die europäischen Ölüberschüsse unterkommen! Wer im Weindepot einkauft, braucht sich da allerdings keine Sorgen zu machen, der Inhalt der Flaschen stimmt ganz altmodisch mit der Bezeichnung auf den Etiketten überein.
Als Protest gegen den Irrsinn der modernen Essgewohnheiten wie fast food hat sich in Italien seit Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts (Ich kann mich noch immer nicht an diese Ausdrucksweise gewöhnen) slow food entwickelt, eine neue Bewegung, die inzwischen weltweite Verbreitung gefunden hat und wesentlich mehr ist als ein Club von Genießern. Buono, pulite e giusto, gut, sauber und gerecht heißt deren Anliegen. Unsere Nahrung soll gut schmecken, umweltschonend auf saubere Weise und möglichst regional hergestellt sein und mit einem gerechten Lohn für die Arbeit, die in ihr steckt.
Die Thesen kommen dem Kunden des Italienischen Weindepots bekannt vor, das u.a. diese Grundsätze seit seiner Eröffnung vor mehr als zwanzig Jahren befolgt. Der Besucher hat bei der Weinverköstigung alle Zeit der Welt, die angebotenen Weine und Lebensmittel sind handverlesen und stammen aus persönlich bekannten handwerklichen Betrieben, die eine umweltschonende und natürliche Herstellung garantieren. Gerardo, so nennt sich der Besitzer des Depots, seine Frau Eva und Sohn Tobias, sind jederzeit gern bereit, das Warenangebot zu erklären und die gewünschten Auskünfte zu geben. Der Kunde wird so mit seiner Kaufentscheidung zu einer Art Mitproduzent, der nicht nur die Hersteller aktiv unterstützt, sondern auch einen Beitrag zur Pflege unseres kulturellen Erbes leistet, bei dem Essen und Trinken keine unwichtige Rolle spielen.
Man muß dieses Thema sehr differenziert betrachten, denn niemand regt sich über Preissteigerungen auf die im Rahmen der allgemeinen Teuerung liegen oder gar auf einer deutlichen Steigerung der Qualität beruhen. Die Preissteigerungen die im Gespräch sind, fundieren auf den nunmehr internationalen Bekanntheitsgrad dieser Weine und einer ungebremsten Nachfrage, vor allem auch durch enorm günstige Wechselkurse zum US-Dollar.
Ganz allgemein: wird von einer enormen Teuerung des italienischen Weines berichtet, die jedoch so nicht stehen bleiben kann. Es sind im wesentlichen nachfolgende Weine gemeint, wenn von enormen Teuerungen gesprochen wird: Barolo, Barbaresco, Brunello, Chianti Classico und Amarone. Diese stellen wahrlich nicht die Gesamtheit des italienischen Weines dar, aber es sind die inzwischen wohl etabliertesten und gefragtesten Weine, vor allem aus den Ländern die ihre Rechnungen mit dem US-Dollar bezahlen. Der Einkaufsvorteil der Dollar-Kunden ist enorm, zahlen diese doch fast nur die Hälfte, dies im Vergleich zum Euro-Währungs-Raum.
Die angeheizte Nachfrage: Der Bekanntheitsgrad einerseits und die internationale Nachfrage andererseits, durch den günstigen Wechselkurs, heizen die Preise kräftig an. Die Motivation Weine noch besser zu machen, also unter Verzicht von Erntemenge pro Hektar Rebfläche und viel mehr Arbeit zu investieren, findet derweilen in anderen Zonen Italiens statt. Die Karawane der "mobilen Produzenten" hat sich in den Süden der Toskana, in die Maremma bewegt, die Namen der neu "zugezogenen" sind täglich in der Fachpresse zu lesen. Auch das verpönte Süditalien ist inzwischen hoffähig geworden. Waren noch vor wenigen Jahren fast alle Weine des Mezzogiorno als nicht marktfähig angesehen worden, so muß man sich heute über den Sinneswandel doch sehr wundern.
Für die etablierten Regionen ein warmer Geldregen: Man sieht es an den Kellern und Gerätschaften, alles vom Feinsten und Besten, andere Regionen können davon nur träumen. Eines dürfen wir nicht vergessen: Weinqualität entsteht in erster Linie im Weinberg, eine gewisse Technik im Keller ist unerläßlich, doch zuviel Technik kann das Gegenteil bewirken. Manchmal wird dann noch ein Mostkonzentrierer angeschafft, wenn das ganz große Geld ganz locker sitzt. Dabei dürfte sich die natürliche Konzentration des Mostes, also die durch niedrige Erträge pro Hektar, bei den Kennern als die einzig akzeptierte herausgestellt haben. Macht es Sinn das Wasser zuerst in die Trauben einwachsen zu lassen und dann mit teurer Energie und Gerätschaft abzupumpen? Die Resultate sind ohne dies Zweierlei, denn unter besten natürlichen Bedingungen gewachsen und gereift, das ist etwas anderes als im Keller repariert?
Das Interesse an Wein hat enorm zugenommen: Es ist ein glücklicher Umstand für die gesamte Branche. Allerdings sollte dabei auch darauf geachtet werden, daß das Geld auch dorthin gelangt wo es benötigt wird, bei den Winzern die echte Qualitätsarbeit abliefern. Schnell dahin gesagt, aber das muß jeder Händler & Importeur mit sich selbst und seinen Kunden ausmachen. Sollte es künftig vielleicht so sein, daß die Winzer die sich die teuerste Technik leisten können, die gefragtesten Weine produzieren?
Qualitätssteigerung durch Preissteigerung? Die Chianti Classico-Zone steigerte zum Beispiel seine Preise innerhalb von 5 Jahren um gut 100%. In diesem Jahr können nochmals gut 20% dazu kommen, denn am 14. April 2001 sank die Temperatur von +20° auf 0° Celsius und darunter, was dramatische Ernteausfälle zur Folge hatte. Wie allerdings die Preisentwicklungen in anderen führenden Weinbaugebieten Europas zeigen, ist dies eher kein Hinderungsgrund, denn Preissteigerungen werden eher als Indiz für Qualitätssteigerungen gewertet. Das versucht man zumindest den Unkundigen so zu verkaufen.
Endlich am Ziel: Einige Weinzonen Italiens sind endlich da angekommen, wo andere Regionen wohl noch mehrere Generationen benötigen werden. Dieser Stand der Etablierung sorgt gut für ihr finanzielles Auskommen, wofür die Winzer auch Jahrzehnte arbeiten mußten, es ist ihnen auch vergönnt.
Verbraucher: Der Preis- und Qualitätsbewußte Verbraucher entscheidet sich immer häufiger für andere Regionen und Erzeuger, allerdings nicht für niedrigere Qualitäten. Das öffentliche Bild der italienischen Weinlandschaft ist im Moment von einer Flut an billigen Süditalienern geprägt, eben nur eine Alternative für Billigprodukte die bisher aus anderen Zonen kamen, nichts für Qualitätsbewußte. Wirklich guter süditalienischer Wein wird auch seinen Preis haben, nur unter günstigen Umständen allerdings einen günstigeren Preis.
Die Suche nach den "neuen" Weinbauregionen erinnert an den legendären Goldrausch in Amerika. In der Maremma, also im Süden der Toskana, wurde das gelobte Land gefunden. Ein großes deutsches Wein-Journal jubelte: "Die Maremma ist das Medoc Italiens!" Unzweifelhaft hat die Maremma ein ordentliches Potential, doch alles hat eine B-Seite, die muß wohl noch von so manchem Investor und Journalisten entdeckt werden. Die Maremma liegt nun nicht annähernd am Atlantik, sondern am Mittelmeer. Ein Blick auf in eine Landkarte wäre durchaus ratsam, sie muß auch nicht aktuell sein. Die Zusammenhänge und Details eröffnen sich nicht am Schreibtisch, man "erfährt" sich die Regionen bei häufigen Besuchen, das schärft das Auge, das Gefühl und den Verstand.
Süditalien: Apulien, Sizilien...Auch hier sind sie schon längst angelangt, die modernen Goldgräber. Die sind nicht arm und in Lumpen gehüllt, sondern erscheinen mit prallen Konten und im feinsten Nadelstreifen-Anzug. Man spricht nun vom Kalifornien Italiens, dabei klingen mir noch die Ohren wie unakzeptabel doch diese Weine wären.
Neue Herren, bessere Qualität: Da werden schon die erfahrenen Pfadfinder, also die Önolgen Norditaliens eingeflogen und die ersten Weine gemacht. Sicherlich know how und gute Weintechnik braucht es wirklich sehr, doch die ersten Ergebnisse sind ernüchternd und entmutigend zugleich. Süditalien wird möglicherweise das know how Norditaliens übergestülpt, dafür werden die Leute ja schließlich bezahlt! Oder? Was Süditalien künftig ausmacht wird mehr sein als die Anwesenheit neuer Padroni, nordischen Wissens, Präzision, Technik und Geld, da war doch noch etwas?
In ewiger Erinnerung an den besten Menschen der Welt: Gerardo. Vater, Bruder, bester Freund und Chef in Personalunion. Gründer, Betreiber, Inhaber und spiritueller Autor von Das italienische Weindepot (www.gerardo.de).